Wandel braucht Hoffnung
Thekla Wilkening erklärt, warum wir in der Umwelt- und Klimakrise sowohl ohnmächtig als auch mächtig sind und wie wir ins Handeln kommen können.
Vor ein paar Tagen veröffentlichte der Weltklimarat (IPCC) den, aus drei Jahren Forschung hervorgegangen und von tausende Forscher*innen aus der ganzen Welt geschriebenen Weltklimareport. Die Ergebnisse dieses Berichtes gingen viral. Auch die Tagesschau postete auf Instagram: “1,5 Grad Erderwärmung schon 2030.” Was folgte, war ein kollektives Gefühl der Ohnmacht. Das hilft im Kampf gegen die Umwelt- und Klimakrise denjenigen, die nichts ändern wollen. All den Konzernen und Politiker*innen, die an fossilen Subventionen und Energieträgern festhalten. Was der Bericht wirklich sagt ist: das ist EIN Szenario. Der Klimawandel ist menschengemacht. Es gibt Schäden, die wir nicht rückgängig machen können. Aber es gibt noch Hoffnung. Es ist entscheidend, dass wir die 1,5 Grad so spät wie möglich erreichen. In den letzten Tagen leakten die Scientist Rebellion weitere Teile des Reports. Daraus geht hervor, das nicht etwa die Zunahme der Weltbevölkerung, sondern der Anstieg des Bruttosozialproduktes in den entwickelten Ländern die Emissionen in die Höhe treiben.
Die Wirtschaft lebt von ihrem Image. Das Image ist ein sensible Angelegenheit. Und seit einigen Jahren gibt es eine neue Herausforderung: Die wachsenden Nachhaltigkeitsbewertungen der Kund*innen. Sie stehen als Kaufargument zwar noch hinter Stil und Preis, aber sie setzen die Unternehmen unter Druck. Die Mode zum Beispiel, hat dem nichts entgegenzusetzen. Bei 100 Milliarden produzierten Kleidungsstücken im Jahr, davon sechzig Prozent aus erdölbasierten, synthetischen Fasern, ist die Frage nach Nachhaltigkeit hinfällig. Aber doch, the show must go on, und so bedienen sich die Unternehmen ihres Handwerkes, dem Image. Während im Hintergrund mehr und mehr Nachhaltigkeits-Abteilungen aufgebaut werden, die intransparente Lieferketten aufarbeiten, feiert sich die Branche im sichtbaren Bereich mit jeder kleinsten Bemühung. Jeans mit einem Bio-Baumwoll-Anteil? Better! Blusen aus recyceltem PET? Wir retten die Meere!
Das ist Greenwashing und die Konsument*innen müssen es glauben. Kurios ist dabei, dass die Bürger*innen, die im schönen Schein der Geschäfte zu Konsument*innen werden, im Privaten ungleich härter mit sich ins Gericht gehen.
Wie so oft, sind wir mit den anderen toleranter als mit uns selbst.
Angesichts der Dramatik der Umwelt- und Klimakrise ist es mehr als angebracht, die eigenen Konsumentscheidungen zu hinterfragen. In den sozialen Netzwerken heißt es jetzt “veganes Sushi” oder ”Wir fahren mit dem Elektroauto in den Harz”. Alles richtig, denn Sprache schafft Bewusstsein, den Anstoß für Wandel. Zehn bis 30 Prozent der Bevölkerung müssten mitmachen, dann könnten sich neue Normen entwickeln, so die Scientist Rebellion. Der Neologismus “Flugscham” hat es bis in den Duden geschafft. Scham resultiert aus Angst. Aus der Angst, etwas falsch zu machen, nicht gut genug zu sein, angegriffen zu werden. Das verhindert Wandel, der dort entsteht, wo Hoffnung ist. Statt unsere eigenen nachhaltigen Schritte als unzureichend zu empfinden können wir uns sagen: jeder noch so kleine Schritt ist wichtig und wir fangen JETZT an.