Von IPCC Bericht und wie wir unsere Motivation behalten

10.08.2021

“Und dein Nachbar benutzt Insta als Newsportal”, raunzt Faber ins Mikrofon und was soll ich sagen: ich bin dieser Nachbar, oder besser gesagt natürlich eine dieser Nachbar*innen. Ich geb’s einfach zu. Was wichtig ist, erfahre ich zuerst zwischen vielen gar nicht mal so bunten Bildern in meinem Feed. Auch am gestrigen Montagmorgen. Nach einer eher farblosen Suppe aus Beige-in-Holz-in-Beige Hauptstadt-Wohnungen und minimalistischen Throwbacks der gerade beginnenden Copenhagen Fashion Week tauchte er auf einmal auf: der Post der Tagesschau, der verkündete: “1,5 Grad Erderwärmung schon 2030.” Ein Schriftzug, ruhig gesetzt auf einem Foto von ausgetrockneten Böden unter dichten, grauen Wolken. Ungläubig starre ich das Bild an. Es gibt noch ein *. Ahh, denke ich. 

Doch auch das macht es nicht besser: Das Sternchen kommt nämlich genauso dystopisch statt wie erwartet relativer daher: *voraussichtlich zehn Jahre früher als gedacht

Die Tagesschau bezieht sich auf den Weltklimarat (IPCC) und dessen, aus drei Jahren Forschung hervorgegangenen Bericht, geschrieben von tausende Forscher*innen, aus der ganzen Welt. Ich schalte meinen Laptop an und rufe den Bericht auf. 1,5 Grad in 2030 - das ist nur eines der verschiedenen Szenarien, die dieser Bericht aufzeigt. 

Auch Fridays For Future Aktivistin Luisa Neubauer lädt heute ein Video hoch, in dem sie erklärt, warum diese Headline so nicht richtig ist. 

Was der Bericht wirklich sagt ist: der Klimawandel ist menschengemacht. Es gibt Schäden, die wir nicht rückgängig machen können. Aber es gibt noch Hoffnung. Und es ist entscheidend, dass wir die 1,5 Grad so spät wie möglich erreichen. Dieser Tag kann, aber muss nicht in neun Jahren sein. 

Der Klimawandel ist etwas, das in sozialen Netzwerken wie Instagram zu kurz kommt. Politische, aktivistische Posts sind niemals so erfolgreich, wie eben gleichförmige Interior-Posts oder sexy Selfies. Nicht umsonst beginnen viele, ernste Themen mit hübschen Fotos von sich selbst zu verknüpfen. Den Algorithmus austricksen, quasi. “Jetzt, wo ich eure Aufmerksamkeit habe: hört mir zu!” so schlau wie schade. 

Aber nun geht der Klimawandel endlich viral! 

Aber mit einer Nachricht, die demotiviert. Von überall höre ich, dass Menschen resignieren. Was können wir denn jetzt noch tun? 

ALLES. Und in erster Linie aufhören, diesen Clickbaits zu vertrauen. Denn wie praktisch, für all die großen Konzerne, für all die Politiker*innen, die nichts ändern wollen, wenn es eigentlich eh schon zu spät ist. 2030 - neun Jahre, das ist gerade mal noch halb so lang wie die Ausstrahlung der erste Folge OC California her ist. Was können wir in neun Jahren schon tun? Ein bisschen wie, wenn Partner*innen im Trennungsgespräch sagen “Ich weiß, ich bin einfach ein Arschloch”. Puff, Luft raus. 

Was können wir dazu noch sagen? Wir können sagen: NEIN.

Nein, liebe Politiker*innen, liebe Industrie: so einfach machen wir es euch nicht. 

Seid kein Arschloch und steigt endlich aus der Kohle aus. Sorgt dafür, dass unser ganzer Strom aus erneuerbaren Energien kommt. Und wir können sollten uns einmal schütteln, Instagram (und auch die meisten anderen Medien die ähnlich berichten) schließen und stattdessen die Wahlprogramme öffnen. 

Denn am 26.09. entscheiden unsere Stimmen, darüber, wie kurz oder lang die Zeit bis zum reißen der 1,5 Grad Grenzen noch ist. 

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